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Defekte Wasserpumpe V4 zerlegt


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Geschrieben (bearbeitet)

Moin zusammen,

hier kommt mal wieder einer meiner eher technischen Beiträge. Diesmal gehts um die Wasserpumpe der V4-Modelle. Weil @road-runner ja mittlerweile die 6. Wasserpumpe in seiner SF V4S drin hat hat er mir freundlicherweise die letzte ausgebaute zum Spielen überlassen. Ich hab sie jetzt mal zerlegt weil es mich interessiert hat was da eigentlich kaputt geht. Vorweg muss ich sagen das die besagte Pumpe eine der sauteuren V4R-Pumpen ist die ja angeblich länger halten sollen...

Also es geht los. Wie die ausgebaute Pumpe aussieht wisst ihr ja schon. Nachdem ich bei einer anderen Pumpe schon vergeblich versucht hatte die Welle rauszudrücken war ich diesmal schlauer und hab die im Flügelrad eingespritze Stahlbuchse mit der das Flügelrad auf die Welle aufgepresst ist vorher mit einem 2mm- Bohrer zweimal angebohrt um den Presssitz quasi rauszunehmen was auch ganz gut funktioniert hat. Pumpe in den Backofen, halbe Stunde bei 130°C und dann die Welle rausgekloppt. Das ging dann doch erstaunlich leicht und heraus kam dies:

Wapu1.jpg

Die Welle mit der Lagereinheit und einem Teil des Dichtungspakets kommt nach rechts raus, das Flügelrad bleibt sozusagen links liegen. Wie man später noch sehen wird hat sich das Dichtungspaket beim Zerlegen sozusagen auch selbst zerlegt das ist aber nicht zu vermeiden.
Wenn man von der Antriebsseite in das Gehäuse reinschaut dann sieht man auch wo die zwei Bohrungen hingehen die münden nämlich alle beide in dem Zwischenraum zwischen dem Lager und der Wellendichtung (so wie ich das ja schon vermutet hatte).

Wapu2.jpg

Im Gehäuse steckt noch der Außenmantel des Dichtpakets das ist so ein tiefgezogenes Blechteil:

Wapu3.jpg

Was mich aber ja primär interessiert hat war die Wellendichtung die hier noch auf der Welle aufgepresst ist:

Wapu4.jpg

Leider ist das Bild nicht so richtig scharf geworden aber ich hab nur das eine gemacht... Wenn man sich das genauer anschaut gibt es da zwei schwarze Plastik/Gummiteile die auf einer aus Blech tiefgezogenen Bundbuchse laufen die auf die Welle aufgepresst ist. Mit im Paket sind zwei Blechscheiben die so wie es da jetzt liegt beweglich/locker sind. Ich hab das Dichtpaket dann einfach mit einem kleinen Dreiarm-Abzieher von der Welle runtergezogen - klar verdrückt man da die Teile etwas aber wie man sehen wird hab ich da nichts wirklich kaputt(er) gemacht.

Wapu5.jpg

Das Dichtpaket ließ sich tatsächlich sogar relativ leicht abziehen. Es bleibt auch so zusammen weil die Bundbuchse am hinteren Ende etwas aufgebördelt ist so das die zweite Blechscheibe festgehalten wird und nicht abfallen kann. Noch eine Randnotiz: am anderen Ende des Lagers ist im übrigen die Wellenabdichtung gegenüber dem Motoröl. Das geschieht hier mit einem integrierten Wellendichtring; man erkennt die Schlauchfeder. Die Lagereinheit ist mit Fett geschmiert nicht mit Motoröl.

Wapu6.jpg

Um das Dichtpaket zu zerlegen musste ich dann die Bundbuchse etwas deformieren. Wenn man das tut kann man die einzelnen Teile des Dichtpakets von der Buchse herunternehmen. Hier mal von rechts nach links aufgereiht:

Wapu7.jpg

Ganz links die Bundbuchse, dann so eine Art Wellendichtring aus Gummi (mit Schlauchfeder zum Anfedern der Dichtlippe), dann eine dünne Kunststoffscheibe die am inneren Rand so vorgewölbt ist (ich würd das für kohlegefülltes PTFE halten).

Wapu8.jpg

Dann kommt die Blechscheibe in der Mitte, noch eine Gummischeibe und noch eine Kunststoffscheibe und (leider habe ich die im Bild rechts abgeschnitten) noch eine Blechscheibe. Was man gleich sieht ist das komische schwarze Zeug auf der Blechscheibe in der Mitte. Und die zweite Gummischeibe sieht irgendwie anders aus als die erste. Die ist nämlich ziemlich angefressen. Von einer dort vielleicht auch vorhandenen Schlauchfeder ist hier aber nichts zu sehen keine Ahnung ob da mal eine da war...

Wapu9.jpg

Wapu10.jpg

Die Laufbuchse auf der die Dichtungen laufen ist finde ich schon ganz schön eingelaufen, vor allem in Anbetracht der doch eher geringen Laufleistung der Pumpe (< 5000 km).

Wapu11.jpg

Zum Schluss habe ich den Blechaußenmantel des Dichtpakets noch aus dem Gehäuse rausgedrückt. Auf diesem Bild sieht man übrigens noch die letzte Blechscheibe die weiter oben gefehlt hatte...

Wapu12.jpg

Wapu13.jpg

Hier noch mal zum Schluss das gesamte Dichtpaket - ich habe die Teile wieder so zusammengesetzt wie sie mal da drin waren. Man sieht an der letzten Blechscheibe die sechs kleinen Schweißpunkte mit denen sie ursprünglich an dem Außenteil festgepunktet war. Diese Schweißpunkte sind natürlich beim Zerlegen abgerissen.

Wapu14.jpg

Kommen wir zur technischen Bewertung.

Offensichtlicher Grund für das Undichtwerden der Pumpe ist das Versagen der Dichtung, vor allem sichtbar an dem zweiten Gummiring dessen Dichtlippe sich quasi komplett aufgelöst hat. Bei der Ursache für dieses Versagen gehen jetzt aber die Spekulationen los... Ich würde sagen die Dichtung wurde unter Bedingungen betrieben für die sie nicht ausgelegt war oder, anders formuliert, sie ist nicht für die auftretenden Betriebsbedingungen geeignet. Ich würde denken das der Systemdruck im Kühlsystem zusammen mit hohen Drehzahlen die Temperatur an der Dichtung in ungesunde Bereiche ansteigen lässt die dann zum Versagen führen. Das deckt sich ja mit der Erfahrung das diese Pumpen vor allem bei Rennstreckeneinsatz ausfallen. Und natürlich beim @road-runner der generell ordentlich am Kabel zieht und den Motor auch auf der Strasse gerne drehen lässt.

Und was kann man da jetzt machen? Aus meiner Sicht wenig. Mit max. 8000 rpm rumschwuchteln vielleicht. Was evtl. eine Idee wäre: einen Kühlerdeckel mit etwas geringerem Öffnungsdruck verbauen. Das würde dann die mechanische Belastung der Dichtung reduzieren. Das wäre aber eine Gratwanderung weil man natürlich schon ein wenig Überdruck haben will um die Plörre am Kochen zu hindern. Aktuell ist glaub ich ein 1,6-bar-Deckel verbaut, keine Ahnung ob es andere mit weniger Öffnungsdruck gibt.

Als 1198-Fahrer hab ich mich natürlich schon immer gefragt warum man von den Testastretta-Fahrern nur sehr selten was von Dichtigkeitsproblemen an der Wasserpumpe hört. Das liegt zum einen daran das es beim Testastretta keine Ablaufbohrung nach außen gibt. Wenn da an der Wasserpumpenwelle Kühlmittel austritt dann landet es erstmal unbemerkt im Motoröl. Zum zweiten (und das ist vielleicht der gewichtigere Grund) hat der Testastretta eine andere Dichtung an der Wasserpumpenwelle nämlich eine Gleitringdichtung mit Keramik-Anlaufscheibe. So wie sie in 99,9% aller anderen wassergekühlten Motorradmotoren verbaut ist. Warum Ducati hier auf diese bei Wasserpumpen eigentlich unübliche Dichtungsvariante gegangen ist - keine Ahnung. Vielleicht wegen des beengten Bauraums oder sie wollten (wieder mal) einfach Geld sparen. Was dann ja bei den ganzen auf Garantie getauschten Pumpen voll in die Hose gegangen wäre...

Lasst mich mal Eure Ideen dazu wissen.

Kai

Bearbeitet von lunschi

Geschrieben

wirklich interessant. Danke dafür! 

Wenn ich es richtig verstanden hab, dann sind die Dichtungen in dem Blech Ring, der im Gehäuse sitzt eingepresst und laufen in der Blechbuchse die wiederum auf der Welle sitzt. 

Generelle Frage: Wäre es nicht viel Sinnvoller direkt zur Welle hin abzudichten? Warum dieser Blechkäfig, der macht es doch toleranzseitig viel anfälliger und schwieriger. Auch die Oberfläche eines tiefziehbauteils ist doch nicht optimal bzgl. Dichtfläche. 

Das mit dem Blechring im Gehäuse verstehe ich auch nicht. Warum werden die Dichtungen nicht direkt eingepresst? 

Dass die Zwischenscheiben schwarz sind spricht doch für Abrieb, also entweder weil die Ringe mitdrehen und an den Dichtungen reiben, oder es ist Abrieb durch die Dichtfläche (Dichtung / Käfig) selber. 

Hab sowas noch nie zerlegt gesehen, sicherlich gibt es ja Gründe für die zusätzlichen Bauteile. Das macht das Bauteil ja nicht günstiger. 

Geschrieben (bearbeitet)

Sehr interessant. 

Die R Wasserpumpe hat ja ein kleineres Flügelrad (42 statt 56 mm). Interessant wär ja zu wissen, ob das die einzige Änderung für die mehr als Verdopplung des Preises ist, oder ob auch weiter Bauteile modifiziert wurden. Ich habe noch zwei normale Pumpen hier liegen. Wenn ich mal die Zeit finde, zerlege ich einmal eine davon. Es sei denn @lunschi Du möchtest ein Vergleichsobjekt, dann schicke ich Dir gern eine.

Zum Druck.
Im US Forum gibt es ebenfalls Überlegungen dazu. Passende Deckel mit 1.2 oder auch 0.9 Bar sind verfügbar. 
Erfahrungsberichte liegen leider noch nicht vor. 

Bearbeitet von bu2tler
Geschrieben (bearbeitet)
vor 22 Minuten schrieb Janis:

wirklich interessant. Danke dafür! 

Wenn ich es richtig verstanden hab, dann sind die Dichtungen in dem Blech Ring, der im Gehäuse sitzt eingepresst und laufen in der Blechbuchse die wiederum auf der Welle sitzt. 

Generelle Frage: Wäre es nicht viel Sinnvoller direkt zur Welle hin abzudichten? Warum dieser Blechkäfig, der macht es doch toleranzseitig viel anfälliger und schwieriger. Auch die Oberfläche eines tiefziehbauteils ist doch nicht optimal bzgl. Dichtfläche. 

Das mit dem Blechring im Gehäuse verstehe ich auch nicht. Warum werden die Dichtungen nicht direkt eingepresst? 

Dass die Zwischenscheiben schwarz sind spricht doch für Abrieb, also entweder weil die Ringe mitdrehen und an den Dichtungen reiben, oder es ist Abrieb durch die Dichtfläche (Dichtung / Käfig) selber. 

Hab sowas noch nie zerlegt gesehen, sicherlich gibt es ja Gründe für die zusätzlichen Bauteile. Das macht das Bauteil ja nicht günstiger. 

Na ja der Hintergrund ist schon klar- so kann der Dichtungshersteller die Materialpaarung und -Oberflächen nach seinen Vorstellungen optimal auslegen. Und für den Pumpenhersteller ist es einfach - die Welle mit Lagerung ins Gehäuse einpressen, zack, und dann von der anderen Seite mit einem geeigneten Presstempel die fertige Dichtung als Paket einpressen, fertig (oder auch in der Reihenfolge anders herum...). Wenn man am Band beim Pumpenhersteller da die kleinen fitzeligen Teile zusammensortieren und in der richtigen Richtung und Reihenfolge auf die Welle fädeln muss wird das vermutlich teurer als das Paket mit den billigen Blechpressteilen.

Kai

Bearbeitet von lunschi
Geschrieben
vor 14 Minuten schrieb bu2tler:

Sehr interessant. 

Die R Wasserpumpe hat ja ein kleineres Flügelrad (42 statt 56 mm). Interessant wär ja zu wissen, ob das die einzige Änderung für die mehr als Verdopplung des Preises ist, oder ob auch weiter Bauteile modifiziert wurden. Ich habe noch zwei normale Pumpen hier liegen. Wenn ich mal die Zeit finde, zerlege ich einmal eine davon. Es sei denn @lunschi Du möchtest ein Vergleichsobjekt, dann schicke ich Dir gern eine.

Zum Druck.
Im US Forum gibt es ebenfalls Überlegungen dazu. Passende Deckel mit 1.2 oder auch 0.9 Bar sind verfügbar. 
Erfahrungsberichte liegen leider noch nicht vor. 

...wenn es Dir nichts ausmacht ich zerlege die gerne! Ggf. weiter per PN.

Kai

Geschrieben (bearbeitet)

...hab die Teile noch mal gereinigt und sie mir genauer angeschaut. Die beiden Kunststoffscheiben die anscheinend die Abdichtung übernehmen sollen sind schlicht verschlissen. Einfach am Ende...

Schon seltsam.

@bu2tler : Hättest Du evtl eine Teilenummer oder Bezugsquelle für andere Kühlerdeckel mit geringerem Öffnungsdruck?

Kai

Bearbeitet von lunschi
  • 2 Monate später...



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